Blaue Bedrohung
Eine Leiche liegt auf dem Strand im Valle Gran Rey, allem Anschein nach eine Wasserleiche. Aber warum sieht sie dann so aus, als hätte man das Opfer brutal misshandelt? Der Arzt Jan beschließt, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Da seine Frau ihn deswegen nur belächelt, macht er seine Recherchen im Alleingang. Eine fatale Entscheidung ... Wieder einmal geht es in diesem Gomera-Krimi um den Arzt Jan und seine Frau Isabella. Die Idee zu diesem Roman kam mir im Frühjahr 2014, als es tatsächlich eine Quallenplage auf den Kanarischen Inseln gab, die zu einem Schwimmverbot an den Stränden führte. Der Übeltäter: Die Portugiesische Galeere, die ein überaus faszinierendes aber auch gefährliches Lebewesen ist.
Leserstimme
„In dem neusten Gomera Krimi spielen wieder die aus Mord am Mirador und Tötliche Trommeln bekannten Protagonisten mit, die Geschichte wird also fortgesetzt, was mir sehr gut gefallen hat. Auch diesmal wir ein spannender Krimimanfall mit viel Witz gelöst. Die Geschichten von Elisa Ellen sind wie ein Kurzurlaub für die Seele, einfach empfehlenswert für alle, die einmal Abschalten und in eine andere spannende und lustige Welt versinken wollen. Auch für nicht Gomera-Urlauber ...“
Leseprobe
Marie maulte: »Ihr seid so langweilig!«
Isabella murmelte: »Schatz, lauf auf den
Strand und such einen besonders schönen Stein. Wenn er mir und Papa gut gefällt, kriegst
du dafür ein Eis. Er muss aber ganz besonders schön sein, hörst du?«
Ich zwinkerte
meiner Frau dankbar zu, ergänzte aber noch streng: »Versprich aber, dass du nicht runter
an das Wasser gehst! Du bleibst oben am Strand.«
Isabella und ich machten uns
diesbezüglich keine großen Sorgen. Marie wusste schon um die Macht der Wellen, wie jedes
kanarische Kind, und respektierte sie auch.
Mit geschlossenen Augen hörte ich, wie
ihre Füße zum Strand davon trappelten.
Dann hörte man nur noch das gleichmäßige
Heranrollen der Wellen, den gelegentlichen Schrei eines Wasservogels und das leise
Klappern des Wirtes in seiner Bude. Es war himmlisch.
Doch unsere Ruhepause war nur von kurzer Dauer.
Ich wurde plötzlich wach, als
Marie kräftig an meinem Arm rupfte.
»Da liegen Apfelsinenscheiben am Strand«, sagte
sie so laut in mein Ohr, dass ich erschrocken zusammenfuhr.
»Ach ja? Ungewöhnlich.
Vielleicht hat sie jemand von einem Schiff ins Wasser geworfen.« Ich schloss wieder die
Augen.
»Die sind blau«, beharrte mein Töchterchen.
»Blaue Apfelsinen gibt es
nicht, Maus«, murmelte ich.
»Doch. Blaue Apfelsinenscheiben. Ganz viele. Komm gucken,
Papa!«
»Och, nicht jetzt, Mariechen«, stöhnte ich. »Der Papa ist total müde. Ich komm
nachher mal gucken, ja?«
Isabella gab nach.
»Ich komm mit, Marie. Wir lassen den Papa schlafen und
vielleicht bringen wir ihm eine mit.«
Ich warf ihr einen dankbaren Blick zu, bevor
ich mich wieder genüsslich auf der Bank ausstreckte.
Doch plötzlich war ich hellwach und starrte erschrocken in die Luft.
Blaue
Apfelsinenscheiben? Am Strand?
Oh Gott!, schrie es in mir.
Ich sprang auf, und
kaum hatten meine Füße den Boden berührt, da rannte ich mit Riesensätzen hinter den beiden
her.
Aus der Ferne konnte ich sehen, wie Isabella und Marie Hand in Hand über den
Strand stiegen. Jetzt blieben sie stehen und beugten sich über etwas. Marie ging in die
Hocke und wollte danach greifen …
»Nicht!«, brüllte ich mit voller Lungenkraft,
»NICHT, MARIE!«
Sie richtete sich auf und drehte sich nach mir um. Isabella schirmte
ihre Augen mit der Hand gegen das Sonnenlicht und sah ebenfalls zu mir hin.
»Was,
nicht?«, rief sie zurück.
Ich eilte weiter auf sie zu. »Nicht anfassen!!!«, herrschte
ich sie an.
Marie zog ihre Hand schnell von dem Gegenstand zurück und sah mich
erschrocken an. Sie verzog das Gesicht, als wolle sie gleich weinen.
»Die Dinger sind
saugefährlich!«, keuchte ich. Ich packte Marie bei den Schultern, schüttelte sie und
fragte: »Marie, sag es mir, hast du etwa schon so ein Ding angefasst?«
Sie verneinte
so heftig, dass ihre schwarzen Locken nur so flogen.
»Gott sei Dank!«, rief ich,
beugte mich zu ihr hinunter und warf meine Arme um sie, während eine Welle der
Erleichterung durch mich wogte.
Dann richtete ich mich auf und betrachtete mit Marie
und Isabella den eigenartigen Gegenstand, der zwischen den runden Steinen am Strand lag.
»Apfelsinenscheibe« hatte Marie es genannt. Das traf genau zu. Blaue
Apfelsinenscheibe.